Mario Tamponi Zurück
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name! Vater unser im Himmel... Hymne auf die Allgegenwärtigkeit Vater unser im Himmel, DU BIST in den Bündeln des Lichts und in den kosmischen Wüsten, in schwarzen Löchern und Galaxien mit Gestirnen, die sich ausbreiten und implodieren, im Geflecht vielfältiger Räume und Zeiten, in Milliarden Jahren der Evolution, vom Urknall zum Leben, zum Bewusstsein und Gewissen, bis hin zum Gebet. Vater unser im Himmel, DU BIST im unsichtbaren Innersten der Materie, wo die Wurzel aller Vielfältigkeit und Größe liegt, im genetischen Schlüssel, in dem jedes Lebewesen mit dem Gleichgewicht seiner Funktionen sich verdichtet, in den Pflanzen und Blumen der Jahreszeiten, den Tieren aller Kontinente, Ozeane und Meerestiefen, im Archaischen der Elefanten, Wale und Krokodile, in den Augen der Katzen und aller Raubtiere, im glänzenden Panzer der Ameisen, im trickreichen Tun der Viren und Antikörper. Vater unser im Himmel, DU BIST in der Wucht der Orkane und Vulkane, in der Ruhe der von Zikaden bevölkerten Landstriche, in der schneidenden Eiseskälte der Antarktis und den glühenden Sanddünen der Sahara, in der Begegnung der Sonne mit der Erde und des Himmels mit dem Meer, im Gehirn, das Wahrnehmung, Gedanken, Gefühle, Unbewusstes und jedes Streben steuert, im Herzen, welches mit seinen Schlägen die Vergänglichkeit aller Dinge misst. Vater unser im Himmel, DU BIST in den Wundern der Wissenschaft und Mathematik, in der Musik einer jeden Epoche, die universale Rhythmen skandiert, in der Poesie, in den szenischen Masken, in der Kraft der Symbole und Mythen, in den wandelbaren philosophischen Systemen, in der Geschichte, die mit den Chimären fließt, im schnellen Untergang des Lebens, das ohne Ende zu sein schien. Vater unser im Himmel, DU BIST in unserem unwiederbringlichen Ich, das geboren ist in der Zeit, aber bestimmt, sie zu überdauern, machtlos, winzig und dennoch so groß, dass es das ganze Sein umfasst, im Dualismus von Körper und Geist, von mikroskopisch und unendlich, von flüchtig und ewig. Vater unser im Himmel, DU BIST in jenen, die reinen Herzens dich suchen, ohne Anmaßung, dich je erreicht zu haben, in den Hungernden-Dürstenden-Verfolgten-Gefangenen, in den Opfern von Gewalt und Heuchelei, in den Niedergeschlagenen vom Zynismus vieler, selbst in der Gewissensnot der Kains, im Schmerz von Kindern und Alten, im Wunsch zu lachen. Vater unser im Himmel, DU BIST in all unseren Geheimnissen, in der Seele unserer Absichten, in konkreten Plänen und in trügerischen, im Leid, das sie zerbricht. Vater unser im Himmel und auf Erden, geheiligt werde deine Allgegenwart, die jeden Augenblick unser Sein erschafft und uns Lust macht zu handeln und zu träumen. Mario Tamponi